ASYLSUCHENDE IN LOSTORF

Im letzten 3 Rosenblatt äusserte Denise Guldimann den Wunsch etwas über unsere Asylsuchenden zu erfahren.
Frau Jeanette Dinkel, Leiterin Asylkoordination der Sozialregion Oberes Niederamt (SON), hat sich für ein Interview gerne bereit erklärt.
Wie viele Asylsuchende sind momentan in Lostorf wohnhaft?
Es sint total 18 Personen. Eine Familie und acht Einzelpersonen. Die Familie wohnt in einem alten Bauernhaus und die Einzelpersonen wohnen im Pavillon. Die Familie wohnt schon seit vielen Jahren in Lostorf. Die Kinder haben hier alle Schulen besucht, sich sehr gut integriert. Vier haben bereits eine Lehre gemacht und sind nun im Berufsalltag. Diese Jungen dieser Familie liessen sich bereits einbürgern. Die Kinder beherrschen die deutsche Sprache perfekt.
Die Einzelpersonen, welche im Pavillon wohnen, konnten sich bisher im Dorf noch nicht so gut integrieren. Sie bleiben eher unter sich. Im Pavillon wohnen Frauen und ein Baby.
Was machen sie den ganzen Tag?
Natürlich sind Integrationsaufträge vorgegeben, wie zum Beispiel zusammen haushalten und Deutschkurse besuchen. Diese Aufträge reichen jedoch bei weitem nicht aus, um die Asylsuchenden den ganzen Tag zu beschäftigen. Ein ausreichendes, sinnvolles Angebot an Tagesstrukturen fehlt leider auf Grund der vielen Asylbewerber. Die Asylsuchenden treffen sich daher oft mit Gleichgesinnten, mit Landsleuten in der gleichen Situation. Sie bleiben vielfach unter sich. Somit dauert es umso läänger, die deutsche Sprache zu erlernen.
Je nach Aufenthaltsstatus, sicherlich zu Beginn des Aufenthaltes in der Schweiz, können die Asylsuchenden wöchentlich Deutschkurse à zwei Lektionen besuchen. Verständigung und Kenntnisse der neuen Sprache sind das Wichtigste. Das Angebot ist aber eher gering, da es zwischenzeitlich mehr Asylsuchende als einst geplant in der Region gibt. Eigentlich würde sich die SON ein grösseres Angebot an Tagesstrukturen wünschen. Die Sprache ist das Tor ins neue Land! Personen, die schon länger in der Region leben, fanden vielfach Arbeit in Pflegeberufen. Die Integration erfolgt am leichtesten durch die Arbeit.
Fühlen sich die Asylsuchenden in Lostorf wohl?
Wir gehen davon aus, dass die Leute darunter leiden, fernab ihrer Heimat und ihren Familien zu leben, trotz ihres freiwilligen Weggehens aus der Heimat. Das «sich wohlfühlen» hat also nicht viel damit zu tun, in welcher Gemeinde sie leben.
Haben die Asylsuchenden Kontakt zu den Dorfbewohnern?
Die in Lostorf wohnhafte Familie sicherlich, vor allem die Kinder. Bei den Einzelpersonen sieht dies ganz anders aus. Der Kontakt zu den Dorfbewohnern ist eigentlich nicht vorhanden oder uns nicht spürbar bewusst. Die Asylsuchenden trauen sich nicht, auf die Einwohner zu zugehen, und umgekehrt ist dies wohl auch der Fall. Was leider sehr bedauerlich ist, da das gegenseitige Kennenlernen sehr bereichernd sein und gegenseitige Vorurteile abbauen kann.
Was für Nationalitäten sind hier?
Der Grossteil, der Asylsuchenden, welche in unsere Region kommen sind Eritreer. Weiter wohnen in der Sozialregion Somalier, Sri-Lanker, Tschetschenen, Tibeter aus China, Syrer, Iraker und Nigerianer.
Da wir in unserer Sozial-Region weniger Familienunterkunftsmöglichkeiten haben, nehmen wir hauptsächlich Einzelpersonen auf. Das ist mitunter ein Grund, wieso hier aktuell nicht allzu viele syrische Flüchtlinge aufgenommen werden.
Wie erfolgt eine Zuweisung der Asylsuchenden?
Beim Eintreffen der Asylsuchenden in den Eingangszentren werden ihnen zuerst einmal ein paar Basics beigebracht, erste Worte in Deutsch. Dann werden sie weitergeleitet an Durchgangszentren der Kantone. Aus diesen heraus werden sie dann weiter auf die Gemeinden verteilt. In den Jahren 2011 bis 2013 herrschte die grösste Fluktuation in Folge des Schengen / Dublin-Abkommens. Dies beinhaltet, dass Asylsuchende im Land, in dem sie erfasst wurden, aufgenommen werden müssen. Heute, dank der Umstrukturierung im Asyl- und Flüchtlingsverfahren des Bundes, kommen mehrheitlich Personen zu uns, die länger bleiben.
Das Aufnahmesoll einzelner Sozialregionen wird prozentual zur Bevölkerung berechnet. Dieser Verteilschlüssel gilt für die Aufteilung der Asylsuchenden vom Bund zu den Kantonen, von den Kantonen zu den Gemeinden oder eben, im Kanton Solothurn zu den Sozialregionen.
Gibt es Schwierigkeiten bei der Eingliederung?
Grösste Schwierigkeit ist immer die Sprache! Ohne Verständigung geht gar nichts oder vieles schief. Hier darf man sicher das Sprichwort anwenden: so wie man in den Wald ruft, kommt es zurück.
In unserer Sozialregion werden diese Menschen mit dem nötigen Respekt und Anstand aufgenommen, den jeder gerne für sich beansprucht. Das spüren die Asylsuchenden.
Missverständnisse und falsches Verhalten sind meist auf die Sprachbarriere zurückzuführen. Kulturell funktionieren wir hier auch anders, also sind Hindernisse und Missverständnisse vorprogrammiert.
Frau Dinkel, was würden Sie sich von der Bevölkerung gegenüber den Asylsuchenden erhoffen / wünschen?
Ich wünschte, dass wir alle versuchten Vorurteile auf ein Minimum zu reduzieren, die Pauschalisierung wegzulassen und ihnen mit dem gebührenden Respekt und der nötigen Toleranz zu begegnen.
Frau Dinkel, ich bedanke mich ganz herzlich für Ihre Bereitschaft, uns über dieses Thema Auskunft zu geben.