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Das Lostorfer Gemeindemagazin

BESUCH EINES ORGANTRANSPLANTIERTEN IN DEN KLASSEN E2A UND E2B

Am Freitag, dem 18. November 2016, luden wir Herrn Andy Röösli in unsere Naturlehr-Stunde ein. Andy trägt seit sieben Jahren eine transplantierte Lunge in sich und ist 24 Jahre alt. Er hat sich bereit erklärt, uns zu erzählen, wie es war, so schwer krank zu sein und dann erlöst zu werden.

Wie alles begann

Seine Geschichte fing im Februar 2008 an. Zu dieser Zeit war er mit seiner Familie in den Skiferien. Er war sehr sportlich, hatte aber damals schon keine gute Kondition. Die Ferien musste die Familie abbrechen, da Andy plötzlich nicht mehr gut atmen konnte. Somit suchten sie ein Kinderspital auf, welches aber nicht herausgefunden hat, was ihm denn fehlte. Dies ging leider mehrere Male so und er musste von Untersuchung zu Untersuchung. Schliesslich wurde bei ihm Lungenhochdruck diagnostiziert. Das bedeutet, dass sich die Blutgefässe zwischen der Lunge und dem Herz verhärten und die Lungenarterie verengt wird. Die Ärzte informierten ihn, dass nur 1 von 1 Million Menschen diese Krankheit so ausgeprägt bekomme. Die Lebenserwartung ohne Behandlung beträgt bei dieser Krankheit etwa zwei Jahre. Er war eineinhalb Jahre lang im Rollstuhl und auf Sauerstoff in einem Rucksack angewiesen. Dies war eine harte Zeit für ihn, denn er wollte nie etwas unternehmen, sondern lediglich zu Hause bleiben. Jedoch hat er seht gute Freunde, die ihn in dieser Zeit möglichst viel abgelenkt haben. Sie unternahmen viel gemeinsam.

Entscheid fürs Leben

Schliesslich entschied er sich mit 16 fürs Leben und kam auf die Warteliste von Swisstransplant. Er versuchte, sein Leben möglichst fröhlich weiterzuführen. In dieser Zeit durfte er keine Auslandsbesuche machen, da er immer erreichbar sein musste. Die Zeit bis zur Transplantation war sehr schlimm für die Familie, denn 24 Stunden am Tag hätte Swisstransplant anrufen können, dass sie eine Lunge gefunden hätten und es losgehen würde. Es dauerte schliesslich drei Monate, bis er dann mit der Ambulanz nach Zürich gebracht wurde.

Die Operation

Am 1. November 2009 versetzten ihn die Ärzte ins künstliche Koma und kontrollierten die Lunge, welche transplantiert werden sollte. Diese war aber zu stark beschädigt, um transplantiert werden zu können. Sie liessen Andy im künstlichen Koma, weil er nicht die Kraft gehabt hätte, komplett aufzuwachen und weiter zu leben. Er wurde in diesen Tagen ab und zu geweckt, hauptsächlich um ihm mitzuteilen wie weiter vorgegangen würde. An einige dieser Gespräche kann er sich immer noch erinnern. Da er aber im Koma war, musste sofort eine neue Lunge her. Aus diesem Grunde wurde er auf die weltweite «urgent»-Warteliste gesetzt. Während er im Koma lag, wurde er künstlich beatmet und bekam Nahrung mithilfe eines Röhrchens durch die Nase.

Am 3. November 2009 wurde ihm schliesslich mit einer Lunge aus England das Leben gerettet. Er hatte im Spital eine gute Erholung, er durfte sich frei bewegen. Nach zwei Wochen wagten sie schliesslich einen ersten Versuch und liessen ihn für ein Wochenende nach Hause. Dies wird gemacht, damit sich der Patient wieder an das normale Leben zu Hause gewöhnen kann. Den Halsport trug er fürs Blutabnehmen immer noch. Nahc sechs Wochen durfte Andy dann komplett nach Hause. Über die nächsten Monate musste er jeweils zwei Mal pro Woche nach Zürich ins Universitätsspital, um alles abchecken zu lassen.

Nach der Operation

Nach der Operation wog Andy nur noch 65 Kilo. Er bekam Medikamente gegen das Immunsystem. Er wurde dadurch zwar schneller krank, aber es half ihm, dass das fremde Organ nicht abgestossen wurde. Er musste alle 12 Stunden 30 Tabletten einnehmen. 2010 nahm er so viel Kortison, dass er wegen den Wassereinlagerungen zunahm und dadurch 110 Kilo wog. Kortison war ausserdem appetitanregend. Vor der Transplantation hatte Andy keine Angst, er dachte, es sei Schicksal. Bei der OP wurden zwei Rippen gebrochen und gespreizt, so konnte die Lunge eingesetzt werden. Dies dauerte acht Stunden! Am zweiten Tag nach der OP entdeckte man ein Loch in der Lunge und musste somit nochmal eingreifen. Sie konnten zum Glück den kaputten Teil der Lunge herausschneiden, da dieser nicht überlebenswichtig ist. Dies dauerte nochmals sieben Stunden! Jetzt hat er zwei grosse Narben unter dem Brustkorb und noch mehrere kleine, z.B. die des Halsportes.

Und wie es heute ist

Momentan wiegt Andy 92 Kilo und muss nur noch alle zehn Wochen nach Zürich zur Nachkontrolle. in der Nachkontrolle wird als erstes Blut abgenommen, als zweites wird die Lunge getestet. Die Lunge testet er auch zu Hause, indem er mit einem Gerät das Lungenvolumen misst. Die Tabletten werden immer weniger, aber er muss alle 12 Stunden welche einnehmen, da die Lunge sonst abgestossen werden könnte. Wegen den Medikamenten gibt es Bluthochdruck. Der Unterschied, was den Sport vor und nach der Operation angeht, ist gering, denn früher betrieb er Leistungssport und heute geht er viel spazieren, spielt zwei Mal in der Woche Fussball und fährt Fahrrad.

Lehre und Beruf

Er denkt immer, dass er eine Fremde Lunge in sich trägt, aber spürt es nicht, er hat nur manchmal ein kleines Stechen. Er sagt, es sei ja schliesslich ein Teil von ihm. Im Januar 2008 (kurz vor Diagnose) unterschrieb er einen KV-Lehrvertrag. Die Arbeitsstelle durfte er trotz Krankheit behalten. Das erste Lehrjahr hat er mit vielen Krankheitstagen überstanden. Nach der OP hat er ein Jahr pausiert. Das zweite und dritte Lehrjahr hat er dann nach der OP absolviert. Wegen den Medikamenten, die das Immunsystem unterdrücken, wurde er im Grossraumbüro aber schnell angesteckt und krank. Mittlerweile hat er bei einem neuen Arbeitgeber ein eigenes Büro und wird so auch weniger krank.

Familie und Freunde

Da die Familie Angst um das Leben von Andy hatte, wurde der Zusammenhalt immer stärker. Durch sein positives Denken, nachdem er sich für die Transplantation entschieden hatte, hat er seiner Familie geholfen. Seinen Entschluss fasste er wegen seiner Familie. Es gab natürlich auch manche Freunde, die sich lieber von ihm fern hielten. Aber alles in allem hat er die besten Freunde die es gibt. Denn die waren für ihn da, als er sie brauchte und sie schenkten ihm neue Lebensfreude.

Andenken an den Spender

Auf seine Brust hat Andy einen brüllenden und einen stillen Löwen tätowieren lassen. Dieses Tattoo steht für ihn selber und den Spender. Da der Spender ja gestorben ist und er seine Familie, wegen Anonymität, nicht kontaktieren kann, will er sein Leben nun für zwei Menschen erleben und geniessen.

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