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Das Lostorfer Gemeindemagazin

Der «Mahrenjoggi» und das Kreuz

Mahrenkreuz

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der «Mahrer Chronik» aus dem Jahr 1985, gedruckt von Paul Frey-Heimberg sel. (Mahren) und ist ein weiterer Beitrag zum Thema Dorfnamen.

Bei Mahren steht oberhalb des Waldrandes bei den Scharsmatten und Schärbishalden auf der Grenze zwischen Lostorf und Winznau das so genannte Mahrerkreuz.

Wer sich heute dort aufhält, tut dies wahrscheinlich meist nicht wegen der Bedeutung des Kreuzes, sondern aufgrund der Benützung der nebenan liegenden Feuerstelle. Kaum jemandem ist bewusst, dass er an einem alten, legendenumwobenen und früher stark besuchten Wallfahrtsort steht.

Es ist anzunehmen, dass es sich bei diesem Kreuz ursprünglich um ein Pestkreuz handelte, das wohl um 1620 herum errichtet worden ist. Die Geschichte des Kreuzes ist schlecht dokumentiert. Im «Sankt Ursenkalender» von 1891 veröffentlichte der spätere Domherr Thomas Stampfli folgenden Text: «Da, wo dieser Weg über die Anhöhe bei Mahren führt, steht bei einer Gruppe uralter Hagebuchen das Mahrerkreuz. Dieses Kreuz war früher ein viel besuchter Wallfahrtsort. Aus weiter Ferne pilgerten Leute dorthin, besonders aus dem Frickthal. An Sonntagen, bei schönem Wetter, waren die roh gezimmerten Eichenbalken, welche als Sitzbänke dienen, immer dicht besetzt und an Werktagen konnte man selten dort vorbei gehen, ohne dass nicht Leute da waren, welche vom Gekreuzigten Hülfe für geistige oder körperliche Gebrechen erflehten. Besonders waren es von körperlichen Gebrechen Behaftete, welche Zuflucht zu diesem Wallfahrtsorte nahmen und zum Dank für ihre Genesung dann ein entsprechend geschnitztes Glied opferten und an der Hagebuche befestigten, wie dies heute noch an Wallfahrtsorten üblich ist.»

Viele Geschichten basieren auf mündlichen Überlieferungen. So auch diese:

«Das hölzerne Kreuz war im Verlaufe Zeit vollständig verwittert. Nur noch ein kleiner Stumpf zeigte gegen Ende des 18. Jahrhunderts, wo es gestanden. Damals wohnte ein reicher Bauer in Mahren: Jakob Maritz, der Mahrenjoggi genannt. Derselbe besass vier Pferde, welche innert kurzer Zeit einer gefährlichen Krankheit zum Opfer fielen. Der Mahrenjoggi ersetzte sie durch neue, gesunde Tiere. Doch nach kurzer Zeit musste er feststellen, dass die heimtückische Krankheit auch die neuen Pferde ergriffen hatte. In dieser Not gelobte der Bauer über dem alten Stumpf, dass er, wenn die Rosse wieder gesund würden, mit ihnen als erste Arbeit eine Eiche im nahen Balmiswald holen wolle. Er würde das Holz auf den Platz führen, daraus ein Kreuz zimmern lassen, um dieses an Stelle des alten, verwitterten zu stellen. Und siehe da – die Pferde wurden wieder gesund und der Bauer hielt Wort.»

Dieses vom Mahrenjoggi erstellte Kreuz trotzte den Unbilden der Witterung manches Jahrzehnt. 1848 wurde durch fromme Leute Geld gesammelt, um das hölzerne Kreuz durch ein solides, steinernes zu ersetzen, welches dem Zahn der Zeit länger widerstehen sollte.

Trotz der massiven Bauweise musste das Kreuz aus dem 19. Jahrhundert im Jahre 1959 renoviert werden. 

In früherer Zeit bestand in Lostorf der Brauch, dass man am Ostermontag, in Anlehnung an den Gang der Jünger nach Emmaus, zum Mahrerkreuz «emmausen» ging.

Noch heute werden am Fusse des Kreuzes Blumen niedergelegt und Kerzen angezündet.

Es ist zu hoffen, dass die Besucher*innen der Feuerstelle diesen Ort respektieren und ihn nicht (wie schon geschehen) im Übermut oder aus Ignoranz verunstalten.

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