DER WEG ZUM «EIGENEN KLEINEN REICH»

Im Gespräch mit Raffael Stampbach OJALO (offene Jugendarbeit Lostorf/Obergösgen) und den vier Jugendlichen Timon Kogler, Lu Müller (beide Lostorf), Patrick Kyburz und Joey Meier (beide Obergösgen).
Wie entstand die Idee mit dem Container?
In der Startphase der Jugendarbeit suchte die OJALO nach geeigneten Räumlichkeiten, welche Jugendliche auch selbstverwaltet mieten können. Die Idee war, Erwachsene zu finden, welche auf freiwilliger Basis Jugendgruppen begleiten und für diese die Leitung übernehmen würden. Da es in Lostorf schwierig ist, solche Räumlichkeiten zu finden, kamen wir auf die Idee mit dem Container. An einem Jugendmitwirkungstag haben Jugendliche und ein Firmeninhaber schon tolle Vorarbeit geleistet. Der Firmeninhaber bot den Jugendlichen an, auf seinem Fimenareal einen Container aufzustellen. Für die Finanzierung eines weiteren Containers fragte die OJALO bei der Gemeinde an. Die Jugendarbeitenden erfuhren, dass an einem Anlass der Firma Vogt AG eine Spende für ein nachhaltiges Jugendprojekt bei der Gemeinde abgegeben wurde. Diese Spende wurde für den Container beim Werkhof an die OJALO übergeben. Ebenfalls wurde uns auf Anfrage beim Kanton ein einmaliger Betrag zugesprochen. Somit war die Finanzierung zum grössten Teil gesichert. Die Jugendlichen erarbeiteten zusammen mit dem Team OJALO ein Konzept, reichten dieses bei der Gemeinde ein – und siehe da, es wurde bewilligt. Zur Erstellung von Plänen durften wir auf die Hilfe, Unterstützung und Begleitung der Firma Topos Architekten zählen. Zusammen mit den Lernenden dieser Firma wurden die Pläne erarbeitet und das entsprechende Baugesuch eingereicht. Die Jugendlichen gingen bei den Bewohnern rund um den Werkhof vorbei und informierten sie betreffend Idee und Baugesuch. Das Baugespann wurde in Zusammenarbeit mit dem OJALO-Team und den Jugendlichen aufgestellt. Kurze Zeit später wurde das Baugesuch, zur grossen Freude der Gesuchsteller, ohne Einsprache bewilligt. Offerten holten die vier Jugendlichen beim ortsansässigen Gewerbe, immer in Absprache mit Raffael das Ok für den Baustart ab.
Nun ging es an das wirkliche Schuften. Die vier Jungs steckten neben der Schule, Hausaufgaben und Sport viele Stunden Arbeit in Aushub machen, Fundament erstellen, Kies verteilen, usw. Der Kies wurde durch die Gemeindearbeiter geliefert. Ebenfalls durfte z.T. Werkzeug bei den Werkhofmitarbeitern ausgeliehen werden oder die Jungs nahmen dieses von zu Hause mit. Den Container durften sie selbst in Obergösgen auswählen.
Dem OJALO-Team war es immer wichtig, die Eltern miteinzubeziehen und deren Einverständnis für das Vorhaben ihrer Jungs zu bekommen. Denn die vier mussten zusammen mit den Eltern einen Vertrag und Nutzungsvereinbarungen unterschreiben. Zukünftig zahlt dieses Quartett monatlich eine Miete. Diese ist jedoch lediglich als symbolischer Beitrag gedacht, welchen die Jungs von ihrem Taschengeld berappen. Um den regelmässigen Kontakt zwischen dem OJALO-Team und den Jugendlichen aufrechterhalten zu können, muss die Miete bar im Martinskeller übergeben werden. Zudem finden regelmässige Besuche durch das OJALO-Team im Container statt – terminierte und überraschende.
Am 6. Dezember 2017 war es so weit. Timon, Lu, Patrick und Joey durften von Raffael die Schlüssel für ihr «eigenes Reich» für die Dauer von einem Jahr entgegennehmen. Für das Inventar waren die vier Freunde ebenfalls selber besorgt. Zwei Wochen später funktionierte auch der Strom und es wurde endlich warm und heimelig.
Lauf Raffael gab es zu Beginn ein paar kritische Stimmen aus der Nachbarschaft, was aus heutiger Sicht jedoch eher auf Interesse zurückzuschliessen ist. Die vier Jungs sind von der Nachbarschaft sehr gut aufgenommen worden. Sie erzählen, dass ein lieber Nachbar sogar mit einem kleinen Bagger helfen wollte.
Der Standort ist seht gut gewählt. Die Bushaltestellt ist in der Nähe, der Werkhof (für die Entsorgung ihrer Abfälle sind die Jungs natürlich selbst besorgt), eine grüne Wiese und sehr nette Nachbarn. Selbstverständlich müssen die Gesetze betreffend Lärm und Alkohol, etc., befolgt werden.
Für die Nachfolge dieser Jungs gibt es bereits eine beachtliche Warteliste. Das OJALO-Team überlegt sich nun, evtl. kürzere Mietdauern einzuführen, allenfalls halbjährliche. Die jetzigen Mieter dürfen den Container mit Bestimmtheit ein Jahr mieten – schliesslich hatten sie die schweisstreibende Arbeit!
Welches war der schönste Moment bis anhin?
Ganz klar der Einzug in den Container am 6. Dezember 2017 und die Inbetriebnahme des Stromes!
Was ist das Tollste am Leben im Container?
Das Selbständig-Sein, das Verantwortung-tragen-dürfen sowie ein «eigenes» kleines Reich zu haben, um sich zu treffen.
Wie organisiert ihr euch betr. Ordnung/Schlüssel/Kosten?
Jeder ist für die Ordnung verantwortlich. Es gibt zwei Schlüssel – einer gehört dem Team aus Lostorf, der andere den Obergösgern. Kosten für allfällige Verpflegung, etc. teilen die Jungs unter sich auf.
Worauf freut ihr euch in nächster Zeit besonders?
Auf den Frühling und die wärmeren Tage, so dass wir auch unseren «kleinen Vorgarten» benutzen können.
Raffael Stampbach und den Container-Mietern Timon, Lu, Patrick und Joey ist es ein grosses Anliegen, herzlich zu danken – der Firma Topos Architekten (Sämi Bünder), der Firma Vogt (Thomas Vogt), der Gemeinde und den Werkhofmitarbeitern sowie den Nachbarn und Eltern.