«ES TÊTE-À-TÊTE MIT EM …»

Peter Blattner, „Posthalter der Herzen“
Den Beruf des Posthalters, zumindest die Bezeichnung, gibt es heutzutage vermutlich nicht mehr.
Peter Blattner war und ist für mich DER Posthalter in unserem Dorf. Er war dies während meiner Kindheit, Jugend und auch als junger Erwachsener traf ich ihn regelmässig am Schalter an, wo er Jung und Alt immer freundlich und kompetent bediente. Viele Jahre später wirkte er bei mehreren Chorprojekten
von mir als zuverlässiger und begeisterter Chorsänger mit, was mich sehr gefreut hat.
Peter, geboren 1936 in Zofingen, kam mit seiner Familie bereits 1974 nach Lostorf, da er hier die Möglichkeit hatte, Land zu erwerben und ein Haus zu bauen. Als «Roter», also Parteimitglied der SP, erhielt er beispielsweise in Stüsslingen kein Bauland. Dieses Dorf war damals noch durch und durch «schwarz», sprich CVP Land. Lostorf war etwas offener und so konnte Peter ein Einfamilienhaus am Eihübel bauen. Beruflich war er zu dieser Zeit noch in Olten tätig, in leitender Position auf der Hauptpost. Als 1978 der Posthalter Ernst Moll überraschend im Amt starb, bewarb sich Peter Blattner für diese Stelle. Die Familie Moll stellte davor seit Generationen den Posthalter und die Poststelle befand sich auch
in ihrem Haus am heutigen Buswendeplatz/Dorfplatz, resp. zu dieser Zeit bereits im Anbau daneben (heute befindet sich darin das Architekturbüro Topos). Einer der damaligen Briefträger, Sepp Bienz, hat Peter quasi überredet, sich in Lostorf zu bewerben. Peter hatte schon Wurzeln im Dorf geschlagen und war bereits einige Jahre als SP Gemeinderat tätig, ein Amt welches er aber niederlegte, nachdem er Posthalter wurde. Die Jahre zogen ins Land und Peter konnte mit dem grösser gewordenen Team der Post Ende der 1980er Jahre in das damals neue Postgebäude beim Gemeindehaus umziehen. Peter Blattner blieb der Poststelle Lostorf treu bis 1999, wo er in die leicht frühzeitige Pensionierung ging, da er Mühe hatte mit der Tatsache, dass die Poststelle inzwischen eher ein Kiosk war und sie der Kundschaft ständig
irgendwelche Artikel schmackhaft machen mussten. Nach seiner Pensionierung hatte Peter endlich wieder etwas mehr Zeit, seinen musikalischen und auch sportlichen Hobbys zu frönen, und Zeit mit seiner Frau Ursula, Tochter Christa, sowie den Gross- und inzwischen auch Urgrosskindern zu geniessen. Peter war übrigens auch ein begeisterter Handballspieler (aber immer in der alten Heimat Zofingen) und spielte dabei stets auf der Position des Goalies. «Der Goalie bin ig», sagt Peter, in Anlehnung an das bekannte Buch von Pedro Lenz.
Als Posthalter blieb dafür meistens nicht viel Zeit, da eine Sechstagewoche bei ihm ganz normal war. Dabei kam er am Morgen als Erster und ging am Abend als Letzter. Peter hat aber immer sehr gerne auf seinem Beruf gearbeitet. Das Wort «Berufung» trifft es in diesem Fall sehr gut. Besonders gefallen hat ihm auch die Arbeit mit jungen Menschen. Deshalb schätzte er es, dass er in all den Jahren auch immer Lernende ausbilden konnte.
Die Zeit fürs Singen in diversen Chören (bis heute singt er immer noch im Kirchenchor; «er sei immer noch der Beste», meint er mit einem schelmischen Zwinkern) hat er aber immer gefunden und die Musik hat ihm auch immer viel Kraft gegeben. Er, der in seinem Leben auch schwere Schicksalsschläge erlebt hat, dabei aber immer seine positive Ausstrahlung bewahren konnte. Diese positive Ausstrahlung sieht man ihm auch heute noch von weitem an, wenn er einem auf einem Spaziergang, in leicht gebückter
Haltung und immer gut gekleidet, entgegenkommt und sich mit einem Lächeln Zeit für einen kleinen Schwatz nimmt.
Mit dem Porträt von Peter Blattner schliesse ich die diesjährige Serie mit den eher «gestandenen Herren» in Lostorf ab. Vielleicht gibt es nächstes Jahr nur Porträts von Frauen? Wer weiss – genügend spannende Menschen gibt es so oder so in unserem Dorf.