Herzliche Gratulation Sandro und Roger!
Vom 22. bis 26. September 2021 fanden in Graz die EuroSkills (Europameisterschaft der Berufe) statt. EuroSkills ist ein Grossanlass bei dem das Kräftemessen der besten Berufsleute Europas in verschiedenen Berufsgruppen (Industrie, Handwerk und Dienstleistung) aus 19 Nationen im Fokus stehen. 400 Teilnehmer, ebenso viele Experten, ca. 200 Co-Trainer, unzählige Schulklassen, Eltern und Angehörige waren in Graz dabei. Dieser Anlass findet alle zwei Jahre statt. Erstmals wurden die EuroSkills im Jahr 2008 in Rotterdam ausgetragen, das letzte Mal im Jahr 2018 in Budapest. Infolge Corona mussten die aktuellen Wettkämpfe, welche eigentlich für 2020 geplant waren, bis in den September 2021 zweimal verschoben werden, was für die Teilnehmer und deren Experten/Trainer eine grosse Herausforderung darstellte.
Sandro Hagmann aus Lostorf gewann an den diesjährigen EuroSkills in Graz als Spengler die Silbermedaille und wurde Vize-Europameister. Unterstützt wurde er von seinem Betreuer und Trainer, Roger Gabler (Bildungszentrum suissetec, Lostorf), welcher zugleich Chefexperte an diesem Event war.
Was sind die Voraussetzungen zur Teilnahme an den EuroSkills?
Roger: Voraussetzung ist eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung. Sandro hat diese im Jahre 2019 bei der Firma R. Voney GmbH in Däniken abgeschlossen. Zudem darf man nicht älter als 25 Jahre alt sein. Sandro gehörte an den Skills zu den jüngeren Teilnehmern. Den Zugang zu den EuroSkills erhielt Sandro durch seine Topplatzierung an den nationalen Meisterschaften, anlässlich der SwissSkills. Dieser top Rang berechtigte ihn, zusammen mit weiteren top platzierten Spenglern, am Qualifikationswettkampf in Lostorf teilzunehmen. Im Training auf dem Weg zu den EuroSkills werden fachliches Geschick und mentale Stärke gezielt gefördert. Diese gehören mitunter zu den wichtigsten Voraussetzungen, um auf europäischer Ebene zu bestehen.
Sandro: Mein damaliger Chef, Roger Voney, hat mich von Anfang an grossartig und grosszügig unterstützt und mir für die Vorbereitung bei Roger Gabler, für Trainings und Coachings, jeweils genügend Zeit zur Verfügung gestellt. Dafür bin ich ihm sehr dankbar!
Was waren die Schwierigkeiten oder Herausforderungen, als der Entscheid getroffen wurde, an den EuroSkills teilzunehmen?
Roger: Für mich ist es jedes Mal eine neue, grosse, aber positive Herausforderung, eine junge und hoch motivierte Fachkraft auf die Teilnahme an den Europameisterschaften vorzubereiten. Sicherlich war das zweimalige, coronabedingte Verschieben der Durchführung eine zusätzliche Herausforderung.
Sandro: Ja. Geplant war eigentlich, nach Abschluss meiner Lehre im Juli 2019 und anschliessender Teilnahme bei den Schweizermeisterschaften, resp. dem Qualifikationswettkampf, mich auf die EuroSkills im Jahre 2020 vorzubereiten. Doch daraus wurde infolge Corona leider nichts. Lange Zeit liessen die Organisatoren der EuroSkills nichts von sich hören, was uns etwas verunsicherte. Anfangs 2021, nach zweimaligem Verschieben, wurde bekannt, dass die EuroSkills erst im September 2021 stattfinden werden. Da ich zu diesem Zeitpunkt im Militärdienst weilte, konnte ich erst wieder im Juni 2021 mit den Vorbereitungen und den Trainings beginnen. Für mich war diese nochmalige Verschiebung des Durchführungstermins alles andere als einfach, da ich seit Januar 2021 nicht mehr auf meinem Beruf gearbeitet hatte. Ich war mir nicht sicher, ob ich meine beruflichen Fähigkeiten eingebüsst habe und das Handwerk noch beherrsche. Das machte mir schon etwas Angst. Umso mehr Zeit investierte ich in die Vorbereitungszeit, in welcher mich Roger Gabler stark unterstützte. Wir trainierten ab Juni alle zwei Wochen zwei bis vier Tage. Vier Wochen vor dem Event trainierten wir wöchentlich über 3 Tage während 19 Stunden.
Roger: Nach äusserst hartem Training sahen wir beide, dass wir bereit für die EuroSkills waren!
Die EuroSkills 2021 wurden während dreier Tage in Graz durchgeführt. Was war die konkrete Aufgabenstellung für euch Spengler?
Roger: Ein Dachmodell mit dem Uhrturm, dem Wahrzeichen von Graz, aus Holz war vorgegeben. Auf beiden Seiten des Daches sollten die Farben der österreichischen Fahne zu sehen sein, die Dachfläche und der Turm mussten mit verschiedenen Arbeitstechniken mit Metall verkleidet werden. Für das ganze Arbeitsstück standen den Kandidaten 19 ½ Stunden zur Verfügung. Gearbeitet wurde in grossen Zelten, in denen auch alle anderen Berufe untergebracht waren.
Gab es besondere Vorfälle oder Hindernisse während den Prüfungstagen?
Sandro: Ja, das gab es definitiv! Mein Daumen der linken Hand knickte bereits am ersten Tag aus unerklärlichen Gründen ein (renkte aus). Mit sofortiger Physiotherapie und Schmerztabletten konnte ich dennoch im Wettkampf weitermachen. Dies bedeutete für mich eine zusätzliche Schwierigkeit. Spätestens in solchen Situationen ist man dankbar für das mentale Training in der Vorbereitungszeit.
Weshalb schliessen die Schweizer an diesen Events jeweils so gut ab? An den diesjährigen EuroSkills gelang euch ja sogar ein Rekordresultat – bisher waren es 8 Medaillen und neu deren 14! Was ist das Erfolgsrezept?
Roger: Sicherlich bewährt sich das duale Bildungssystem (Beruf und Schule) der Schweiz. Die Schweizer werden in den Trainings stark gefordert und gefördert, vor allem aber auch flexibel und nicht auf einzelne Techniken hin trainiert.
Welches war der schönste Moment in Graz?
Sandro: Ganz klar der Gang aufs Podest (schmunzelt), aber sicherlich auch der erlösende Schlusspfiff nach diesen drei harten Tagen und Rogers Umarmung (beide strahlen).
Roger: Sandros Worte nach dem Schlusspfiff: «Roger, ich habe alles gegeben!»