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Das Lostorfer Gemeindemagazin

LIEBE LOSTORFERINNEN UND LOSTORFER

Eigentlich durften wir davon ausgehen, dass sich unsere Wirtschaft im Jahr 2022 von der Corona-Pandemie erholen wird. Doch der russische Aggressionskrieg gegen die Ukraine hat alle positiven
Wirtschaftsprognosen zunichte gemacht. Inzwischen hört man sogar das Unwort «Stagflation» immer häufiger, das vor allem in den Siebzigerjahren nach dem Ölpreisschock die Runde machte. Was ist eine solche «Stagflation»? Eine «Stagflation» ist eine Mischung aus wirtschaftlicher Stagnation und hoher Inflation.

Effektiv scheint unsere Wirtschaft durch steigende Preise, fehlende Fachkräfte und eingeschränkte Lieferketten zunehmend ins Stocken zu geraten. Auch die Inflationsrate hat Höhen erreicht, die wir in den letzten Jahren nicht mehr gekannt hatten. Allein die Energiepreise sind im europäischen Raum um über 40% angestiegen. Die Nationalbanken haben darauf mit einem deutlichen Anstieg der Zinsen reagiert,
was wiederum zu höheren Hypothekarzinsen und tendenziell sinkenden Aktienkursen führen wird.

Die düsteren Prognosen beziehen sich leider auch auf die Schweiz, die zuletzt fast die Hälfte des Erdgases aus Russland bezogen hat. Beim Erdöl sind wir weniger direkt von Russland abhängig. Rohöl wird kaum aus Russland bezogen. Immerhin ist aber auch hier festzuhalten, dass wir erdölbasierte Fertigprodukte
(Benzin, Diesel) primär aus dem EU-Raum beziehen. Die EU wiederum bezieht rund einen Viertel des Erdöls aus Russland. Wie sieht die Situation beim Strom aus? Im Winter sind wir auf Stromimporte aus unseren Nachbarländern angewiesen. Da dort oft Strom mit Gas hergestellt wird, kann heute niemand mit Sicherheit festhalten, dass wir im Winter genügend Öl, Gas oder auch Strom haben werden. Vielleicht müssen wir auch hier lernen, beim persönlichen Energieverbrauch wieder etwas Mass zu halten. Langfristig wird es wichtig sein, wieder vermehrt Energie in der Schweiz zu produzieren.

Die Auswirkungen dieser Wirtschaftskrise auf unser Dorf sind schwierig abzuschätzen, zumal heute auch niemand weiss, wie lange dieser Krieg noch andauert und wie er sich entwickeln wird. Dass die Steuereinnahmen in dieser Krise eher etwas sinken werden, ist nicht auszuschliessen. Der Gemeinderat wird daher wieder verstärkt Ausgaben auf ihre Notwendigkeit überprüfen müssen. Wir spüren bereits, dass bei unseren Bauprojekten einige Leistungen deutlich teurer geworden sind und Wartezeiten auftreten, die organisatorische Probleme verursachen. Nichtsdestotrotz wäre es meines Erachtens
falsch, in diesen Zeiten gänzlich auf Investitionen zu verzichten.

Eine weitere Lehre aus den letzten Jahren ist, dass die öffentliche Hand auf allen Stufen die Krisenfrüherkennung verbessern muss. Die Krisenbewältigung darf nicht erst einsetzen, wenn die Krise längst eingetreten ist. Auch auf Stufe Gemeinde benötigen wir ein Risikomanagement. Dieses kann mithelfen, sich anbahnende Krisen rechtzeitig zu erkennen und entsprechende Massnahmen
einzuleiten. Der Gemeinderat wird das Risikomanagement zusammen mit der Verwaltung in den nächsten
Wochen aufbauen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen in Ihrem privaten und beruflichen Umfeld eine möglichst krisen- und konfliktlose Sommerzeit.
Ihr Gemeindepräsident

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