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Das Lostorfer Gemeindemagazin

REBGEMEINSCHAFT SCHLOSS WARTENFELS

Josef Müller auf dem Rebberg

Seit einigen Jahren kenne und schätze ich den Wein, welcher vom Rebberg des Schlosses Wartenfels kommt. Einerseits ist er ein schönes Mitbringsel, welches man als Geschenk aus Lostorf mitbringen kann, andererseits überzeugt er auch qualitativ. Unter anderem hat der im Barrique angebaute Cabernet Jura schon in einer privaten Verkostungsrunde nebst grossen Weinen aus Italien und Frankreich bestanden.

Grund genug, die Menschen kennenzulernen, welche mit viel Leidenschaft eine schöne Lostorfer Tradition pflegen.

Beim Gärtnerhaus werde ich bereits von Ruth Monnerat empfangen, welche zusammen mit ihrem Mann Patrick, sowie Mina und Josef Müller, seit rund 20 Jahren die «Rebgenossenschaft Schloss Wartenfels» bilden. Diese hat das Grundstück von der Gemeinde Lostorf, der Stadt Olten und dem Kanton Solothurn gepachtet. Die Rebgenossenschaft hat die Rechtsform «einfache Gesellschaft» und führt eine jährliche Generalversammlung durch. Zusammen machen wir einen Rundgang durch den 35 Aren grossen Rebberg, welcher sich sehr gepflegt präsentiert.

Die Fläche der Reben ist genau definiert. Es gibt einen schweizweiten Rebkataster, wo die Fläche sämtlicher Reben fast zentimetergenau festgehalten ist. Die Rebgemeinschaft darf also nicht einfach in einem Jahr etwas mehr Wein produzieren, falls mehr Trauben zur Verfügung stehen. Es dürfen insgesamt 1 Kilo Rotwein und 1,4 Kilo Weisswein pro Quadratmeter produziert werden.

Die vielfältigen Arbeiten an den Reben werden gleichmässig aufgeteilt, auch wenn das pensionierte Ehepaar Müller aus Riedholz bei Solothurn zeitlich etwas flexibler ist, als das berufstätige Ehepaar Monnerat aus Niedergösgen. Insgesamt stecken in diesem Rebberg 400 Arbeitsstunden (und da ist
die Lese noch nicht mitgerechnet) pro Jahr. Es sei eine sehr schöne Arbeit wie auch Josef Müller gerne bestätigt: «Mir ist nirgendwo so wohl wie auf unserem Rebberg!».

Für diese Arbeit wird übrigens kein Lohn ausbezahlt, sondern für jede geleistete Arbeitsstunde gibt es eine halbe Flasche Wein. Vor allem in den Anfangsjahren war der finanzielle Aufwand jeweils grösser als der eigentliche Ertrag.

Bei einem anschliessenden gemütlichen Apéro mitten auf einer kleinen Terrasse im Rebberg mit fantastischer Weitsicht (selbstverständlich mit einem Glas feinen Weisswein), erfahre ich noch etwas mehr über den Schlosswein.

Wie kommen die beiden auswärtigen Ehepaare überhaupt dazu, einen Weinberg in Lostorf zu pflegen?
Die Verbindung kam über die Verwandtschaft mit dem damaligen Schlosswartehepaar Alice und Thomas Haefeli zustande, welches ab 1999/2000 ebenfalls Teil der Rebgemeinschaft war. Zusammen wurde
die über 250 Jahre alte Tradition wiederbelebt, auf Schloss Wartenfels Reben anzupflanzen. Anfänglich hatte noch niemand Kenntnisse in Weinbau und die Fachkenntnisse wurden quasi nach dem Motto «Learning by doing» und dem gleichzeitigen Besuch eines Kurses bei einem Winzer angeeignet. Übrigens hat ein Sohn der Familie Monnerat das Hobby seiner Eltern inzwischen zu seinem Beruf gemacht und arbeitet als Winzer im bekannten Weingebiet von Malans/GR!

Wie sieht es mit der geografischen und witterungsbedingten Lage des Rebbergs in Lostorf aus? Der Rebberg ist theoretisch mit 600 m.ü.M. zu hoch gelegen, um in unseren Breitengraden eine vernünftige Qualität an Trauben hinzukriegen, in der Praxis funktioniert es aber trotzdem. In den letzten Jahren war es, trotz teilweiser Trockenheit, sehr gutes Wetter für die Trauben. Der letzte grosse Hagel vor einigen Jahren hat ihnen auch fast nichts ausgemacht. Ebenfalls ist der Frost an diesem Hang selten ein Problem. Dieses Jahr kommen die Trauben sogar sehr früh, d.h. die Arbeitsschritte können nicht jedes Jahr zur genau gleichen Zeit erledigt werden, sondern die Trauben müssen gut im Auge behalten werden, damit bei Bedarf entsprechend reagiert werden kann.

Dieses Jahr wird die Lese vermutlich sogar anfangs September stattfinden, im umgekehrten Fall war es aber auch einmal erst im November soweit.

Die Arbeiten werden in der Regel unter den vier Mitgliedern der Rebgemeinschaft aufgeteilt. Einzig bei der aufwändigen Traubenernte setzen sie jeweils noch externe Helfer/innen ein. Dies sind aber seit Jahren immer die gleichen vier Personen, welche die einzelnen Arbeitsschritte inzwischen sehr gut kennen.

Das aktuell sonnige Wetter, im Wechsel mit der feuchten Witterung, ist zwar gut für die Reifung der Trauben, begünstigt aber auch den Pilz (falscher und echter Mehltau), was eigentlich das grösste Problem im Rebberg darstellt und weshalb die Trauben dagegen gespritzt werden müssen.

Die Rebsorten welche hier oben angepflanzt werden, gehören zu den sogenannten «Piwi-Sorten», d.h. sie sind pilzwiderstandsfähig und vor allem gedeihen sie in unseren Breitengraden sehr gut. Es werden die Sorten «Johanniter», «Seyval Blanc» (beides weisse Trauben), sowie «Cabernet Jura», «Regent» und «Blauburgunder» (alles rote Trauben) angepflanzt. Die Trauben werden zur Weiterverarbeitung seit Jahren dem renommierten Weingut Fürst im aargauischen Hornussen gebracht. Für diesen Arbeitsschritt reicht die Infrastruktur der Rebgemeinschaft bei weitem nicht aus. Die Trauben befinden sich in guten Händen, wurde dieses Weingut doch schon mehrfach preisgekrönt und darf aktuell den Aargauer Staatswein
stellen.

Die Schloss-Trauben werden dort ob ihrer Qualität übrigens sehr geschätzt, wobei intern mit Josef Müller auch ein strenger Kontrolleur ein Auge darauf hat: Es werden nur makellose Trauben zur Weiterverarbeitung freigegeben. Die Rebgemeinschaft pflegt hier oben die Qualität und nicht die Quantität.

Ein wichtiger Punkt ist ebenfalls das äussere Erscheinungsbild des Weines. Die Etikette darf nicht hobbymässig daherkommen. Diesen Part hat der Bruder von Patrick Monnerat übernommen. In der nächsten Zeit sollte die Etikette wieder einmal etwas aufgefrischt werden, da das Design schon seit einigen Jahren im gleichen Stil daherkommt.

Der Schlosswein ist übrigens nicht im Handel erhältlich, sondern lediglich direkt bei der Rebgemeinschaft
zu beziehen. Es gibt allerdings zwei Restaurants im Mittelland, welche den Schlosswein auf ihrer Weinkarte führen: das Restaurant zur Mühle in Oberentfelden/AG und das Restaurant Löwen in Berken/BE.

Nur sehr ungern verlasse ich diese gesellige und sympathische Runde auf der kleinen Terrasse mitten im
Rebberg. Ich durfte einmal mehr einen tollen Einblick in eine doch schon jahrhundertealte Lostorfer Tradition erfahren.

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