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Das Lostorfer Gemeindemagazin

S’RÖSLI VOM DOTTEBÄRG VERZÖUT… (Dezember 2020)

Legenden
Hat man heutzutage noch die Möglichkeit eine «Dorflegende» (wahlweise auch «Dorforiginal») zu werden? Ich glaube, grundsätzlich fehlen dazu zwei Dinge: Erstens gibt es viel weniger Stammtischgespräche, wo diese Legenden gebildet werden, und zweitens wird heutzutage eh jedes Erlebnis in den sozialen Medien gepostet und ist nichts Besonderes mehr. Eine echte Legende entstand mit einer kleinen Geschichte, welche mit jeder Erzählung grösser wurde, und deren Protagonist deswegen ein «Siebesiech» wurde. Da diese Geschichten nicht via Google überprüft werden konnten, brauchte es nur noch 1-2 Zeitzeugen und die Legende war geboren. Teilweise waren es nur kleine Handlungen welche weitererzählt werden, z.B. seine dritten Zähne in der Wut jemandem hinterherwerfen, mit dem umgehängten Revolver im Gottesdienst den Sonntagsblick lesen, sein Motorrad gewohnheitsmässig im Wohnzimmer parkieren (alles wahre Geschichten aus dem Dorf)…, ja früher reichte es eigentlich schon aus, einer Respektsperson (wahlweise Pfarrer oder Lehrer) Paroli zu bieten, um eine Legende zu werden. Heutzutage wird das Wort «legendär» schon verwendet, wenn einer sich am Sonntagmorgen noch an den vorherigen Abend erinnern kann. Was dann jeweils «Legendäres» getrieben wurde, wird leider nicht mit blumigen Worten ausgeschmückt, sondern kann eh jeder auf der ganzen Welt in den Insta-Stories und TikTok Videos nachschauen … meist nichts Weltbewegendes. Das waren die alten Legenden ja eigentlich auch nicht … aber mit jeder weiteren Erzählung wurden die Protagonisten noch verwegener, stärker, gefährlicher oder manchmal einfach auch nur lustiger. So geht Legendenbildung!
Wenn Sie also in der nächsten Zeit im Dorf eine ältere Frau sehen, welche die eine oder andere komische
Aktion macht … das wäre dann das Rösli, welches an seiner Legendbildung arbeitet …

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