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Das Lostorfer Gemeindemagazin

VON «HUMBELS» UND «HOLZÖPFELS»

Wer nach dieser Überschrift einen naturkundlichen Text erwartet, liegt nicht ganz richtig. Es geht in diesen Zeiten nicht um Fauna und Flora, sondern vielmehr um Menschen, um Lostorferinnen und Lostorfer, bzw. um ihre Dorfnamen. Dorfnamen? Was ist das? Wozu dienen sie und wie sind sie entstanden?

Zur Beantwortung dieser Fragen müssen wir einen Schritt in die Vergangenheit machen:
Als im Jahre 1850 der damals noch junge Bundesstaat seine erste Volkszählung organisierte, wurden in Lostorf 1096 Personen gezählt. Wenn man dieses Ergebnis etwas genauer unter die Lupe nimmt, stellt man fest, dass weit über 1000 Personen einer der folgenden Familiennamen trugen: Annaheim Brügger, Burg, Dietschi, Frei, Gubler, Guldimann, Kohler, Maritz, Moll, Müller, Niggli, Peier, Senn, Straumann, Ulrich und Willi.

Dies war auch in den Jahrzehnten vor dieser Volkszählung so, wie es den Geburts-, Todes- und Eheregistern zu entnehmen ist. Dazu kam der Umstand, dass die Zahl der damals gebräuchlichen Vornamen viel kleiner war, als dies heutzutage der Fall ist.

Wenn nun z.B. 80 Personen den gleichen Familiennamen oder vier oder sechs davon auch noch den selben Vornamen trugen, wurde es schwierig! Es gab damals noch keine Facebook-Profile, die einem z.B. mit Fotos auf die Sprünge helfen konnten. Deshalb bediente man sich anderer Unterscheidungsmerkmale, aus denen die Dorfnamen entstanden:

  • Man setzte dem Vornamen weitere Vornamen von Vorfahren (Eltern/Grosseltern/Urgrosseltern) voran. So wurde z.B. Schreinermeister Johann Annaheim (sel.) «Rönigustihans» genannt. Sein Urgrossvater hiess Aron (=Röni) und sein Vater August (=Gusti). Dorfnamen vererbten sich aber nicht nur über die männliche Linie. Es kam oft vor, dass der Dorfname der Ehefrau auf die Kinder überging (z.B. s’Fränzis, s’Kätheris).
  • Berufe der Vorfahren trugen ebenfalls zur Unterscheidung bei (z.B. s’Chemifägers, s’Chüefers, s’Wagners, s’Sagis …).
  • Dorfnamen konnten sich auch auf Flurnamen und Dorfteile beziehen (z.B. s’Paradiesers, s’Hübelis).

Bei etlichen Dorfnamen hat sich im Verlaufe der Jahrzehnte und Jahrhunderte die Aussprache verändert oder sie wurden «modernisiert», so dass ihre Herkunft nicht mehr klar abzuleiten ist.

Der ehemalige Gemeindeammann, Arnold Annaheim (sel.), Dorfname «Chemifägernoldi», war ein profunder Kenner der alten Dorfnamen. Für die Geschichtensammlung zum Jubiläum «850 Jahre Lostorf» (1998) trug er viele Beispiele zusammen. Hier stellvertretend Folgendes:

«Me seit, s’Bure Hälm und der Winku Göpf, s’Jöris Sigmond und der Humbu-Mondi heige zwöschem Piffestopfe e haube Tag gha, um ne grossi Tanne um z’sage.»

Bei des stets wachsenden Bevölkerungszahl unseres Dorfes nimmt die Bedeutung der Dorfnamen laufend ab. Weil sie nicht mehr so oft angewendet werden, laufen sie Gefahr, in Vergessenheit zu geraten.

In den künftigen Ausgaben des 3Rosenblattes möchten wir deshalb, in loser Folge, die Erinnerung an diese Dorfnamen aufrecht erhalten.

Wie benötigen Ihre Mithilfe, geschätzte Lostorferinnen und Lostorfer:

Wenn Sie mit den Dorfnamen noch Vertraut sind, halten Sie Ihr Wissen (Anekdoten, Stammbäume mit Bezug zu noch lebenden Personen, Hintergründe usw.) noch in einfacher Art schriftlich fest oder benachrichtigen Sie uns, damit wir Ihr Wissen mittels Interviews festhalten können. Wenn Sie uns sogar noch altes Fotomaterial zum Einscannen zur Verfügung stellen könnten, würde dies die einzelnen Artikel sicherlich bereichern.

Handschriftliche Aufzeichnungen, per Post zugesandt, sind ebenso willkommen wie Texte, die am Computer entstehen und uns per Mail erreichen.

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